Von verschiedenen Wohnbereichen haben sich drei Bewohner zu einer kleinen Schachgruppe zusammen gefunden. Regelmäßig treffen Sie sich zu einer Partie Schach. Dazu ist ein Artikel im Magazin „Projekt Lebenswege“ erschienen. Lesen Sie selbst:
Die Drei vom Schachbrett –
Ellen Schran (81), Werner Müller (73), Peter Bartel (65)
Peter Bartel ist mit seinem Rollstuhl und dem Schachbrett auf dem Schoß im Schwenninger Bürgerheim unterwegs zum Fahrstuhl, drückt den Knopf für den Wohnbereich fünf und freut sich auf die nächsten zwei Stunden. Ellen Schran hat vor einiger Zeit das gemeinsame Schachspielen angeregt. Heute beobachtet sie die erste Herrenrunde und kommentiert, wenn sie eine brenzlige Situation auf dem Brett erkennt.
Woche für Woche verabreden sie sich, wenn sie Zeit und Lust haben. Die drei spielen gern und vor allem fair. Sie sind keine Hitzköpfe, schweigen sich nicht nur beim Nachdenken an, sondern plaudern zwischendurch auch über andere Dinge. Aber nach den ersten zehn Zügen wirds spannend. „Oh pass auf“ kommt aus der Richtung der Beobachterin, gleich danach lobt Peter Bartel seinen Gegenspieler „das hätte ich nicht erwartet“ und Werner Müller freut sich „heute habe ich einen guten Tag“. Sie sind die erste Schachgruppe im Haus, sind froh, sich gefunden zu haben und hoffen, noch mehr Schachfreunde im Haus zu finden.
Peter Bartel:
“Wir sind hier alle ungefähr auf einem Level. Mein Vater hat mir die Anfänge des Schachspielens beigebracht, später habe ich beim Spiel gegen meinen Computer noch vieles dazu gelernt. Ich habe dem Computer auch gesagt, dass er mein Spiel weiterspielen soll. Daraus kann man super lernen. Wichtig ist, es soll Spaß machen. Meistens schaffen wir drei Spiele, unser längstes hat mal eineinhalb Stunden gedauert. Heute hats mich erwischt. Herr Müller hat mich in fünf Zügen platt gemacht, kommt selten vor, aber passiert. Das weckt den Ehrgeiz. Aber wir sind nicht streng. Wir spielen ja nicht um Geld, und sagen nicht ‚wer die Figur berührt der führt‘. Wir spielen auch nicht mit der Uhr, sondern es geht halt so lange, wie es eben dauert. Als Zuschauer hat man eine andere Position, guckt für beide, und sieht Sachen, die die Spieler mitunter nicht sehen. Da helfen wir uns gegenseitig. Die ersten zehn Züge hat jeder im Hinterkopf. Mein Glücksmoment ist, wenn ich es schaffe, das Pferd zu nehmen, wenn die Dame gefährlich steht. Dann frohlocke ich ohne Ende und biete Schach. Da kann der Gegner nichts anderes machen, er muss mit dem König aus dem Schach raus, und so habe ich die Dame, ohne dass mir einer das Pferd wegnehmen kann. Meinem Sohn habe ich das Schachspielen beigebracht. Er hat dann mal aufgehört, aber jetzt kommt er langsam auf den Trichter.“
Ellen Schran:
Ich habe schon als Kind mit meinen Eltern Schach gespielt und habe bis heute Spaß daran. Ich glaube aber, Herr Bartel ist besser als ich. Wenn ich zuschaue juckt es mich schon mal. Man sieht das Spiel mit ganz anderen Augen. Meistens sind Männer Schachspieler. Man sagt ja, es ist ein Kopfspiel. Aber Computerschach interessiert mich überhaupt nicht. Auf dem Schwenninger Gartenschaugelände habe ich auf dem großen Brett auch gespielt. Mein Mann hat Führungen gemacht und wir waren jeden Tag dort. Aber die großen Figuren gibt es schon lange nicht mehr, nur das Schachbrett ist noch zu sehen.
Werner Müller
Als Junge war ich im Schachclub. Dann kam die Ausbildung und die Zeit war nicht mehr da. Wir drei spielen so, wie wir Zeit haben, verabreden uns telefonisch miteinander. Manchmal hat man eine Tagesform wie ich gestern, wo man alles verliert. Unwirsch werden wir deshalb nicht und geben uns nach dem Spiel aus Höflichkeit die Hand. Das Zwischenmenschliche ist uns wichtig. Es gibt keinen schlechten Verlierer, man muss halt teamfähig sein. Für uns wurde sogar ein eigenes Schachspiel angeschafft. Wir wollen versuchen, noch ein paar Mitspieler zu motivieren und machen uns Gedanken, wie man das am besten umsetzen kann. Vielleicht ist der Spieleraum vorm Speisesaal interessant. Wir drei müssen ja auch nicht überall dabei sein. Für mich ist unser Zusammentreffen ein Glücksfall. Ich habe nie verstanden, wie man am Computer sitzen und Schach spielen kann. Ich will immer einen Partner, mit dem ich reden und dem ich die Hand schütteln kann. Wäre schön, wenn wir nicht die einzigen bleiben.